Ein Lieblingsort

Es gibt diese Tage, an denen ich mich einfach nur verkrümeln möchte. Nichts klappt wie geplant; dann kommt noch ein Nachbar wegen den geparkten Autos im Hof, weil er nicht aus dem Hof fahren kann, der so richtig seinen Frust ablassen muss am Morgen, und obwohl man eigentlich gar nicht der Verursacher allen Ärgers ist, bekommt man ihn doch ungebremst ab, und am Ende fällt beim Frühstück auch noch ein Glas zu Boden, an dem Erinnerungen hingen, und zerbricht.

An solchen Tagen ist es gut, einen Ort zu wissen, an dem man sich Luft verschaffen kann, an dem Kopf und Seele wieder freier werden. In der Natur schrumpft mancher Ärger sowieso ein Stück weit – und wenn dann noch die Sonne scheint wie an diesem Februartag, am Waldweg zum Katzenbacher Hof , wenn die Meisen und Finken mit den ersten Tonfolgen des fast noch nicht zu erahnenden Frühlings auf Partnersuche gehen, dann fällt der rüde Ton des Nachbars ab, dann sinkt der Blutdruck wieder auf Normalwerte und die Tränen der Enttäuschung oder Wut trocknen; dann sieht man manches wieder entspannter. Solch einen Lieblingsweg zu haben, an dem man alleine oder mit einem Partner, den man sich wünscht, wieder den Boden unter die Füße und Freiheit in die Gedanken bekommen kann, wenn gerade alles in die falsche Richtung zu laufen scheint, ist gut.

Der Weg durch den Wald zum Katzenbacher Hof ist so ein Ort. Ein Anti-Stress-Ort. Das Spiel von Licht und Schatten zwischen den Bäumen auf beiden Seiten, die langen, geraden, gefällten Baumstämme an den Seiten und der Blick in die Weite: das befreit, und es relativiert. Die geschluckte Aggression scheint zu Hause geblieben zu sein, und die Scherben – sie werden zu verschmerzen sein. Scherben sollen ja auch Glück bringen.

Der Weg sagt mir auch: Du siehst ein Stück Weg, das vor dir liegt, siehst Aufgaben und Planungen. Aber gerade und übersichtlich ist der Weg auf Dauer nicht. Was an neuen Perspektiven kommt, wenn die Wegkreuzung erreicht ist? Auf jeden Fall ist da ein neues Stück Weg. Es gilt, die Seele offen zu halten.

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