Navigieren und orientieren.

Da bin ich unterwegs zu einem neuen Ziel, meine „Lucia das Navi mit bestimmender Stimme“ weist mir den Weg durch den Engelbergtunnel. Sehr lange dem Straßenverlauf folgen tönt es.

Praktisch ist es ja schon, so ein„Navi“. Das Gerät, das einem den Weg zeigt, kann eine große Hilfe sein. Vor allem wenn man nicht ortskundig ist, es eilig hat und in einer fremden Stadt schnell eine bestimmte Adresse finden will. Das ist für ein heutiges Navigationsgerät kein Problem mehr. Zuverlässig dirigiert es mich an mein Ziel. Am Ort angelangt ertönt die Stimme: „Sie haben ihr Ziel erreicht“.

Auch im Tunnel, wo mich ein beklemmendes Gefühl beschleicht, zeigt der gute elektronische Beifahrer, wo es lang geht. Zum Beispiel sehe ich dass die dunkle Röhre bald ein Ende hat. Zusätzlich warnt es noch, dass gleich nach dem Ende des Tunnels eine Gefahrenstelle mit Geschwindigkeitsbegrenzung besondere Aufmerksamkeit erfordert.

Zweifellos handelt es sich bei Navigationsgeräten um eine nützliche Erfindung, um ein System, das einem im Stress des ständig wachsenden Verkehrsströme wichtige Aufgaben abnimmt. Der redende Assistent wartet in seiner fortgeschrittenen Version inzwischen sogar mit zusätzlichem Service auf, zum Beispiel mit Tipps für Hotels am Zielort.

Gut navigiert – gut orientiert, so möchte ich sagen. Doch das stimmt nicht ganz. Ich komme gut an, gewiss. Aber ob ich  tatsächlich orientiert bin, sprich, ob ich genau weiß, wo und warum ich mich räumlich gerade an diesem bestimmten Ort befinde, ist nicht gesagt. Diese Erfahrungen können einem kein Computer und kein „Navi“ abnehmen. „Sich orientierten können ist eine Kulturtechnik“, hat der amerikanische Journalist Ed Ayres einmal geschrieben. Orientieren ist eben mehr als ohne Umwege am Ziel ankommen.

Es ist ein bisschen wie mit den Geboten. Wenn ich sie auswendig lerne und mich treu daran halte, dann gelange ich natürlich auch ans Ziel: Ich tue den  Willen des Schöpfers, ich richte mich nach seinen Weisungen, und das tut mir gut. Doch eigentlich geht es um mehr. Es ist besser, wenn ich verstehe, warum die Gebote gerade so sind, wie sie nun mal von den Glaubensgemeinschaften in ihren Büchern übermittelt werden. Warum sie nicht nur Verbote sind, sondern auch große Chancen und Möglichkeiten eröffnen. Wenn ich sie zurückführen kann auf die Liebe der Mitmenschen untereinander.

Aber gilt nicht doch: „Deine Gebote sind meines Lebens Navigationsgerät“? Etwas in mir sträubt sich, es so zu formulieren. Das lebendige Wort Gottes ist nicht die Wegweisung eines Automaten. Auf der Fahrstrecke meines Lebens und gerade auch dann, wenn es um mich dunkel wird, helfen oft nicht fertige Antworten, sondern das ehrliche Ringen um dieses lebendige Wort.

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